Schränkung (aerodynamisch)
Normalmodelle

Halt! Ich kenne euch!!! Die Normalmodellerbande fällt immer wieder unangenehm auf, indem Fragen gestellt werden, die in dem jeweiligen Grundlagenartikel behandelt werden. Habt ihr den auch brav gelesne??? Na gut, dann kann es ja losgehen...

 

Aerodynamische Schränkung bei Normalmodellen

Was ist jetzt der Vorteil von der ganzen Geschichte für ein normales Feld-, Wald- und Wiesenflugzeug? Das ist wirklich die große Frage. Ehrlich gesagt lacht ihr ja gerne über die Prozent- und Promillegeilen Wettbewerbsflieger, oftmals zurecht. Aber lacht ihr auch zurecht??? Hm, was man nicht weiß, läßt man rechnen, der Computer tut das mal für uns.

Was macht das typische Normalmodell aus? Alle üblichen Modelle besitzen Außenflügeltiefen, die größer sind als die elliptische Tiefenverteilung, auch als "überelliptisch" bezeichnet. Der Grund liegt im günstigen Abrißverhalten dieser Konfiguration, weil der Abriß näher am Rumpf erfolgt. Wir können also ohne große Abkippgefahr recht bedenkenlos überziehen. Mithin ist das Abreißverhalten bei konstanter Profilierung bereits in den allermeisten Fällen einwandfrei

Leider bleibt das nicht ohne Folgen für die Auftriebsverteilung! Ja, ihr habt da schonmal was von gehört, mit der Ellipse und so weiter. Ein unverwundener, ungeschränkter Flügel mit "überelliptischer" Tiefenverteilung hat leider auch eine "überelliptische" Auftriebsverteilung und die kostet etwas Leistung.
Diese übergroßen Tiefen erhöhen also den Auftrieb außen (ca*t=Auftriebsverteilung) und um dem entgegenzuwirken, wird dann gelegentlich zur Flügelspitze auf geringer gewölbte Profile gestrakt.

Das Handling ist meist schon ohne Schränken ok, könnte aber noch verbessert werden. Der Verlust durch die nicht optimale Auftriebsverteilung bewegt sich im 1-3% Rahmen, wie nachfolgende Beispielrechnung zeigt. Mit dem etwas besseren Handling wird das Modell in der Hand des Piloten in einer fiesen Thermik in Bodennähe aber doch rund 10% mehr bringen, als ein ungeschränktes Vergleichsmodell. Das heißt, die reine Leistung allein ist oft weniger relevant als der Vorteil in bestimmten Manöversituationen. Kommen wir aber jetzt zum Rechenbeispiel.


Bild 2: "Überelliptische" Auftriebsverteilung

 

Ein Beispiel

Der Strak des HQ2,5/9 (innen) auf das HQ2,0/9 hat eine effektive Verwindung von -0,61° zur Folge, also eine leichte ca-Reduktion am Außenflügel. Da die Tiefe hier zu groß ist, wird hierdurch das ca reduziert, damit ist die Auftriebsverteilung näher an der Ellipse. Leider reduziert sich auch das camax am Außenflügel von etwa 1,1 auf 1,0. Nicht unkritisch, das Abrißverhalten kann schlecht werden. Das muß man also im Detail nachrechnen, ob das paßt. Gut. Wir haben also mit Hilfe der aerodynamischen Schränkung einen Flügel ohne Klappen optimiert.
Und jetzt kommts: Was passiert, wenn wir das HQ2,5/9 beibehalten hätten und zugleich die -0,61° als Verwindung eingebaut hätten??
Exakt dasselbe, aber wir hätten ein höheres camax außen, nämlich 1,1! Der Widerstand wäre lediglich minimal höher, eines der Hauptargumente unserer aerodynamischen Schränker. Wenn man einen besseren Rumpf bauen würde, hätte man mehr als 100 mal so viel gewonnen! Wir reden hier von Promille bezogen auf die Modelleistung!!! Und wir haben keine Klappen eingebaut!?!?!? Hört mal Jungs, das ist schlicht gesagt völliger Quatsch!!! Wir leeren ja auch nicht die Aschenbecher aus, um ein überladenes Flugzeug leichter zu machen!!!


Fazit
Bevor wir uns diese aerodynamische Schränkung bei einem Normalmodell antun, sollten wir den Basisflügel mit konstanter Profilierung einfach ein bißchen verwinden, bringt im großen und ganzen dasselbe und wir müssen noch nicht einmal nachrechnen, ob das Probleme bereiten könnte. Für ein Thermikmodell in enger Thermik kann das fehlende camax am Außenflügel die Frage über Sein oder Nichtsein entscheiden! Diese Reserve kann darüber hinaus in kritischen Situationen beim Durchfliegen eines Wirbelfeldes euer Modell retten...

 

© Hartmut Siegmann 2000