Alle drauf...

 

    Der Sommeranfang stellte sich dieses Jahr verspätet, dann aber heftig und passend ein: Zum elften Inter-Ex am vorletzten Juli-Wochenende in Ostrach/Baden-Württemberg(!) -es muß den Ostrachern  zu Liebe betont werden. Zu viele der Teilnehmer halten sie immer wieder für Bayern. Die Grenze zu Bayern verläuft aber auch fast in Sichtweite des Platzes. Nachdem im letzten Jahr dieses Treffen in Holland stattfand, war diesmal Süddeutschland das Ziel. Da aber die meisten Teilnehmer ohnehin kaum ein Inter-Ex auslassen, hat die geographische Entfernung keine entscheidende Bedeutung: Sie müssen sowieso hin. Aber, es ist gerechter so, mit dem Nord-/Südwechsel. Mal hat es einer wie Helmuth Siebarth und seine italienische Crew näher nach Ostrach, das andere Mal sind Leute wie Eric van den Hoogen aus Holland.oder Jupp Wimmer aus Mönchengladbach schnell am Flugplatz im niederländischen Nederweert. Für den Australier Bob Meyer dürfte es im Prinzip keinen Unterschied machen, ob Ostrach oder Nederweert. Da er aber ein gebürtiger Holländer ist und auf Urlaub zu Hause war, hatte er den gleichen weiten Weg wie die traditionell starke niederländische Experimental-Truppe.

Die Modelle
Ein Experiment ist nicht leicht zu definieren und so sind auch die Modelle grundverschieden. Das beginnt beim Spaß, wie dem 14-Decker des Berliners Peter Haas. Die vielen kleinen Tragflächen erzeugen nur Widerstand und Probleme, das Gerät flog aber recht gut (worüber alle nur staunten). In diese Sparte der witzigen Konstruktionen gehören auch einige aufblasbare "Weichteilflieger" von Helmuth Siebarth, und es wäre schön, wenn die Idee am Schluß verwirklicht werden könnte: Ein Modell, in der kleinen Tüte verstaut, am Flugplatz aufgeblasen, und schon fliegen wir. Völlig neue Wege geht Norbert Schilling, und seine Fluggeräte sind das, was am besten der Experimental-Idee entspricht: Völlig zweckfrei, nur um neue Flugzeugkonstellationen zu testen: Sein riesiger Drehflügler hat an den Rotorenden E-Motoren, in der Mitte eine recht aufwendige Elektronik und eine Steuerklappe an einem Rotorblatt. Geflogen ist er nicht, weil der Wind den 4m-Rotor seitlich in die Erde schob. Noch abenteuerlicher seine Drehwalze, leider ebenfalls nicht geflogen.

Viele, viele Flügel, und obendrauf auch nach ein Teddybär

Startvorbereitung und große Freude nach dem Flug des "Avion" von J. Wimmer

 

Die Startversuche der "Fliegende Walze" von N. Schilling

Herlein hat sich eine überaus schwierige Aufgabe gestellt, ein Flugzeug mit
Kippmotoren zu bauen. Er hat damit noch viele Probleme


Dem Vogelflug naher
Fred Ludwig aus Chemnitz ist mit seinen fliegenden Sauriern schon von mehreren Inter-Ex bekannt, dort immer mit seinen Flügen ein Höhepunkt des Treffens und Gewinner von Pokalen gewesen. Seine Saurier fliegen heute schon perfekt, drehen den Kopf und bewegen die Flügel im Flug, geben Geräusche von sich. F. Ludwig könnte damit zufrieden sein -Einladungen zu zahlreichen Flugtagen sind ihm sicher und der Applaus dort ebenso.

   Er ist aber kein Show-Flieger, sondern ein forschender Modellbauer. Schlagflügelantrieb ist die eine Aufgabe, die er sich gestellt hat. Fünf solche Modelle hat er inzwischen gebaut, das Leichteste davon (600g) flog erstaunlicherweise nicht am besten; sein jetziger Schlagflügler hat 2100 mm Spannweite, wiegt 1260 g, die Schlagfrequenz beträgt 3 Bewegungen/Sek., der Motor ist ein AP 29 im Verhältniss 100:1 untersetzt (50:1 Zahnriemen, 2:1 Kettengetriebe). Fred Ludwig behauptete in Ostrach, sein Modell würde erst nur wenige Meter fliegen, mehr kleine Hüpfer machen. Machte er auch, bis sein Vogel zum richtig Flug ansetzte, eine große Kurve steuerte, locker über den Zaun setzte und im Kafeezelt landete. Der Schaden klein, der Erfolg großartig. Sein Brettnurflügel, sein drittes Modell in Ostrach, sieht recht unspektakulär aus und nur der Fachmann vermißt das, was die Bretter ja brauchen: Seitenleitwerk oder Winglets. Da Fred Ludwig besonders an der "fliegenden Natur" Interesse hat, stört ihn, daß alle Vogelnachbauten das obligatorische Plexi-Seitenleitwerk haben müssen.
In seinem Brettnurflügel ist eine neuartige Steurung eingebaut: Einmal die normalen RC-Funktionen, also QR/Höhenruder gemischt, zusätzlich hat das Modell aber eine kleine Wetterfahne mit Sensor, die jedes Schiebemoment an eine Elektronik meldet, die es in Servobefehle umsetzt: Dabei werden die Querruder als Spreizklappen betätigt, erzeugen also Widerstand. Damit ist nicht nur eine dem Vogelflug sehr ähnliche Steuerwirkung erbracht, sondern auch ein Flugzeug-Nurflügel kann mit diesem Prinzip wesentlich widerstandsarmer und daher leistungsfähiger ausgelegt werden. Es ist schon beeindruckend, wie sauber im Kurvenflug sein "Brett" liegt und wie es im Geradeausflug die Bahn hält. Wir hoffen, mehr über seine Modelle berichten zu können.

Solarflieger blieben zuhause
Obwohl die Sonne in Ostrach mehr als genug schien, wurde sie kaum genutzt: Ein einziger Solarflieger war angetreten, der durch seine Konstruktionen auch aus dieser Zeitschrift bekannte Dr. S. Dienlin. Sein NanoSol übte sich im Dauerflug, kam mit dem frischen Wind gut klar und freute sich mit dem Konstrukteur auf die nächste Ausgabe des Guinness-Buches der Rekorde: Dort ist er nämlich schon als "Das kleinste rein solar betriebene bodenstartfähige RC-Modell" angemeldet.

FMT-Pokal
"Doppel Duo" ergibt zusammen vier. Das ist der Fall auch beim Doppel-Tandem von Wil van Leen, Holland. Ein Segler mit vier Tragflächen. Oder einem Canard und einem Höhenleitwerk und zwei Flügeln - wie man wünscht. Die Queruder arbeiten gleichsinnig, die Seiten- und Höhenleitwerke gegensinnig: Vom Links bzw. Tiefbedeutet hinten Rechts bzw. Hoch. Ein schönes Modell, das auch sehr gut fliegt: Diesjähriger FMT-Pokalgewinner.

Groß...
Von ganz anderem Kaliber sind die großen vorbildähnlichen Modelle, die aber durch ihre Besonderheiten ebenfalls in die Experimenal-Klassen passen. Die Horten-Nurflügel als Modelle sind an sich nichts ganz Außergewöhnliches, bis auf die wirklich einmaligen Horten von Eric van den Hoogen. Soviel Perfektion in einem Modell ist selten zu sehen, die, mit seinem Können am Sender gepaart, jedesmal ein Flugerlebnis sind. Sein schon vom letzten InterEx bekannter Horten XII ist nun mit einem Regler anstatt Schalter ausgestattet; im "Dino" von Schulze fand er den Steiler, der die Ströme auch bewältigt (40 Zellen, 2x robbe 240 an einem Getriebe zur gemeinsamen Propeller-Femwelle; Propeller-Eigenbau, faltbar, Scale wie beim Original). Pokal "Bester Flug".

 Zwei mit Dampf
Hans Berndt mit seinem Mr. Henson kannten wir schon vom Vorjahr aus Nederweert. Dort flog er noch nicht. Das heißt, er machte einen kleinen Hüpfer. Viele der sachkundigen Zuschauer glaubten nicht, daß das Flugzeug steuerbar sein würde: Keine V-Form, ein winziges, im Rumpfschatten stehendes Seitenleitwerk, zwei große, seitlich am Rumpf an Auslegern angebrachte Propeller. Die Hochachse schien allen das Problem zu sein, also die Beherrschung des Modells um diese: Zu winzig, zu verdeckt das Seitenleitwerk im Vergleich zu den gewaltigen Rumpf- und Flügelabmessungen. Dieses Jahr kam Berndt mit dem selben Modell, einem nicht sehr viel vergrößerten Seitenleitwerk und viel Vertrauen in sein Werk. Mr. Henson in seinem Dampfmaschinenflugzeug quittierte es durch ausgezeichnete Flüge. Pokal: "Beste Technik".

In die gleiche Sparte gehört auch Jupp Wimmer. Er, die treibende Kraft des Inter-Ex vom Beginn an, baut Flugzeuge aus einer Zeit, wo es noch keine Flugzeuge gab. Er baut nach Entwürfen und skurillen Ideen für Flugmaschinen, die in alten Büchern zu finden sind, und die in der Regel gar nicht fliegen konnten, auch wenn manchmal in jenen Büchern das Gegenteil behauptet wird. Ein Cle- ment Uder soll 1889 geflogen sein, damit also klar der erste Motorflieger der Welt. Den Beweis lieferten Spuren seines Fahrwerks in der Erde eines Exzezierplatzes bei Paris. Diese Spuren sollen nämlich plötzlich auf einigen Metern nicht da sein, und dann kamen sie wieder. Dazwischen muß er also geflogen sein, oder? Ist aber nicht, das weiß Jupp Wimmer heute absolut sicher. Er baute das Flugzeug nach. Beim Erstflug noch vor dem Inter-Ex hat das Fahrwerk die Erde zwar tatsächlich verlassen, das Modell machte daraufhin aber einen gewaltigen Salto rückwärts und war wieder am Boden. Das hätte der gute Clement, der hinter seiner Dampmaschine saß und Kohlen lud, sicherlich nicht überlebt. J. Wimmer baute daraufhin eine gewichtige, verlängerte Schnauze mit viel Schwernetall dran, um den Schwerpunkt nach vorn zu bewegen. In Ostrach ging der Experte für Unmögliches, Eric van den Hoogen an den Steuerknüppel. Nach einem teilweise recht wilden, aber dennoch erfolgten und mit einer guten Landung beendeten Flug gab er zu, so etwas Fürchterliches noch nie geflogen zu haben.
 Soviel zu einigen der vielen Modelle; der Platz im Heft ist knapp, genauso knapp waren auch die Pokale. Drei und viermal mehr davon hätten wir verteilen müssen, um einigermaßen gerecht die gebotenen Leistungen zu honorieren. Wer keinen bekam, obwohl er einen verdiente: Das nächste Jahr in Nederweert.